20 Sep Auf dem Weg zu mehr Freiheit
Künstlerin Regina Nußbaum zeigt in der Kunsthalle Lindenthal, wie „Weibliche Wege“ aussehen
von Jürgen Kisters in
Kölner Stadt-Anzeiger, Donnerstag, 5. August 2010
Einige Gegenstände verweisen auf Ereignisse, die speziell das Leben der Künstlerin prägten. Andere sind mit Erfahrungen und Erinnerungen verknüpft, die im Leben vieler, vielleicht der meisten Frauen eine Rolle spielen. Viele Gegenstände dokumentieren vor allem, andere sind symbolisch aufgeladen. So wird die rote Feder mit dem Thema „Vergebung“ verknüpft. Und die Schuhe mit dem hohen Absatz stehen für die grundsätzlich schwierige Balance zwischen Schönheit und einem erdverbundenen, sicheren Gang. Dinge wie der Beutel voller Murmeln und der kleine Kinderkoffer schlagen den direkten Bezug zur Vergangenheit, zur Kindheit. Sie werfen zugleich die Frage auf, ob und wie der „weibliche Weg“ sich im Laufe der Zeit verändert hat, im Laufe der Jahrhunderte, im Laufe der vergangenen Jahrzehnte.
Flankiert wird der lange, schwierige Weg durch die Gegenstände von einer Vielzahl malerischer Werke an den Wänden. Sie zeigen ausnahmslos abstrakt-expressive Szenerien, die den Raum öffnen und in der Fantasie die Möglichkeiten unendlich erscheinen lassen. In ihrer Dynamik sind es Bilder der Befreiung und der Freiheit, Bilder von turbolenter Aufregung und von hoher Empfindsamkeit. Die ganze Zeit über wissen die Besucher nicht genau, ob sie in dieser Ausstellung den „weiblichen Weg“ der Künstlerin verstehen oder sich mit ihrem eigenen Lebensweg beschäftigen sollen. Beides fließt ineinander. Denn das Kunstkonzept, das Nußbaum vorstellt, hat mit Selbsterfahrung zu tun.
Die Kunst ist darin das Medium der Selbsterkenntnis und der Selbstbehandlung. Dieser Weg bietet für jeden andere Varianten. Und selbstverständlich taucht auch die Frage auf, wie der andere, der „männliche Weg“ denn aussehen würde. Welche Alltagsgegenstände dabei eine Rolle spielen würden. Und ob für die meisten Männer dieser künstlerische Weg der Beschäftigung mit sich selbst noch immer in weiter Ferne liegt. Regina Nußbaum betreibt im Übrigen seit Jahren in Ehrenfeld einen kleinen Kunstraum, die „art lounge“.
Kunsthalle im Bezirksrathaus Lindenthal, Aachener Straße 220, Sa, So 15-18 Uhr, bis 8. August 2010.
Foto: Regina Nußbaum