Der Reiz der inneren Landschaften - Regina Nussbaum | artlounge köln
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Der Reiz der inneren Landschaften

Regina Nußbaums intuitive malerische Reisen

von Melanie Puff

Wenn man Regina Nußbaums abstrakte Acryl-Bilder betrachtet, scheinen sie eine besondere Doppelbewegung im Schauenden auszulösen: auf der einen Seite gibt es da eine Art von bildimmanentem Sog, der direkt ins Bild hineinzuziehen scheint. Er bringt den Betrachter in eine meditative Versenkung, die ihn in innere Welten von ungeahnter Schönheit führt –  ohne dass diese Erkundung eine romantische Überhöhung und Verklärung des Ichs bedeuten würde. Vielmehr zeigen uns Regina Nußbaums Bilder die verborgene Realität hinter der Oberfläche des offensichtlich Sichtbaren. Sie führen uns auf einem intuitiven Pfad in eine Begegnung mit dem Unsichtbaren und Verborgenen –  und lassen uns dabei die Erfahrung machen, dass der Weg ins Selbst auch von Schmerz und Unruhe geprägt sein kann. Letztendlich kehrt aber doch immer Frieden ein, nämlich dann wenn es gelingt, das innere Licht zu entdecken. Regina Nußbaums Werk ist ganz dieser Entdeckung gewidmet.

Es ist die Intensität des inneren Lichts, die Regina Nußbaums Bilder charakterisiert. Sie macht den oszillierenden Charakter der Bilder aus, bei dem in der Doppelbewegung dann aus dem Sog ins Bild hinein wieder ein Leuchten aus dem Bild hinaus wird, das den Malereien ein eigentümliches und geheimnisvolles Strahlen aus der Tiefe heraus verleiht. Es kündet von Begegnungen mit höheren Realitäten und anderen Dimensionen des Seins, in denen rationale Denkmodelle und die mit ihnen verbundenen Erwartungen ihre Gültigkeit verlieren und Zeit keine Rolle mehr spielt: sie dehnt sich, wird elastisch und erlaubt dem Individuum damit völlig neue Spielräume – vorausgesetzt, es ist bereit, sich dem Fluss hinzugeben und loszulassen.

Wenn der Betrachter diesen Prozess zulässt, eröffnet sich im Eintauchen in die Materialität der übereinander gelagerten Acrylschichten das Bewusstsein einer Reise durch die einzelnen Schichten des Ichs. Sein Auge wandert über die abstrakten Landschaften und entdeckt immer neue Möglichkeiten der Versenkung. Aus ihnen manifestieren sich häufig auch Gestalten und Begegnungen, engelgleiche Wesen und deren Weg durch die Schönheiten und Abgründe der inneren Welt, die nicht nur harmonisch ist, sondern immer auch geprägt vom Wissen um den Schatten. Daraus ergibt sich auch die Tiefe der Bilder, aus einer Auslotung von Licht und Schatten, hell und dunkel. Stilistisch gesehen erhalten die abstrakten Farbschichten, die mal pastos und dick und mal leicht und lasierend aufgetragen sind, eine oszillierende Kraft aus der Überlagerung und Durchdringung verschiedener Farbtöne  – entweder als harmonisches Spiel und Verlauf der Farben, oder als deutlich gesetzter Kontrast der Farbkanten.

Es entstehen so Zonen des Friedens und der konflikthaften Auseinandersetzung, der Ruhe und der Bewegung innerhalb eines Bildes. Die daraus resultierende Spannung ist die des Kampfes des Selbst, sich aus alten und unerträglichen Strukturen zu lösen. Kunst als Weg zum inneren Frieden –  in dem Sinne kann dann letztendlich die Spannung immer aufgelöst werden, so dass aus jedem von Regina Nußbaums Bildern der Glanz des inneren Lichts leuchtet und dem Betrachter eine heitere Gelassenheit vermittelt.

Regina Nußbaum im Gespräch mit Dr. Melanie Puff

Über die Autorin:

Dr. Melanie Puff, geboren 1974, ist Kunsthistorikerin. Sie ist als freie Kuratorin und Kritikerin tätig und schreibt u.a. für das Kunstforum International. Dr. Melanie Puff hat Regina Nußbaum 6 Monate als artconsult beraten. Danach stieg sie unmittelbar in das Team von Gerhard Richter ein, für den sie einige Zeit international tätig war.

Titelbild: Die Schlafende, Gemälde von Regina Nußbaum
Fotos: Regina Nußbaum